Wo wir stehen ... und das Geheimnis um die Flächennutzungsplanung Herrsteins
Wo wir stehen? Die Frage lässt sich einfach beantworten:
1.) Vom Oberverwaltungsgericht in Koblenz erwarten wir täglich die positive Entscheidung über die Zulassung des Berufungsverfahrens.
2.) Das Innenministerium hat die Versperrung der Wassergall mit Blick auf Rettungsdienste und die Landwirtschaft geprüft. Nach unserer Bewertung stellt die Schranke einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr dar. Nachdem Gespräche nichts bringen wurde am 11.09.2018 eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach aufgegeben.
3.) Die Historie der Wassergall wurde während des Sommers anhand verschiedener Archive in Koblenz, Kober-Gondorf, Birkenfeld und Idar-Oberstein detailliert aufgearbeitet. Maßgebende Informationen gab es insbesondere aus den Katasterarchiven. Auch liegen noch alle Amtsblätter und Gesetze des Fürstenthum Birkenfeld von 1817 bis 1937 lückenlos vor. Nach Auswertung all dieser Informationen steht für uns fest, dass die Wassergall schon immer ein Gemeindeverbindungsweg war.
4.) Hochinteressant war unsere Akteneinsicht in den Flächennutzungsplan (FNP) der VGV Herrstein. Dazu muss man jedoch etwas weiter ausholen. Es lohnt sich zu lesen ... ein lokaler Krimi.
Ganz zu Beginn des Streites um die Wassergall wurde unsererseits der gültige FNP beim Büro des Bürgermeisters der Verbandsgemeinde Herrstein angefragt. Am 19.02.2016 haben wir aus seinem Büro dann den angeblich gültigen FNP Herrsteins mit Stand 2010 erhalten. Darin ist die Wassergall als Verbindungsstraße eingetragen und sie stößt an der Gemarkungsgrenze erwartungsgemäß auf den städtischen Teil der öffentlichen Straße Wassergall. Dieser FNP ist schlüssig und scheint zwischen der VGV Herrstein und der Stadt abgestimmt, was gemäß Baugesetzbuch auch so sein muss.
Bild 1: Auszug aus dem digitalen FNP Herrsteins aus 2010, Wassergall hier als öffentliche Straße
Im Laufe der Gerichtsverfahren gegen die Stadt und die BI hat Herrstein den FNP aus 2010 plötzlich zurückgezogen und behauptet, dass ein FNP aus 1998 rechtskräftig sei. Diese Aussage wurde gestützt durch eine Bestätigung der Kreisverwaltung. Die Bauverwaltung der Kreisverwaltung bestätigte der Bauverwaltung in Herrstein am 19.12.2016 wunschgemäß (wörtlich), dass der FNP Herrsteins vom 26.03.1998 rechtswirksam sei. Einen Tag später, am 20.12.2016 schreibt die Bauverwaltung Herrstein der Ordnungsverwaltung in Herrstein, dass eine Änderung des FNP vom 26.07.2004 existiert. Alle Schreiben liegen uns vor. Das Verhalten der Verwaltung war bereits damals sehr merkwürdig.
Erst in 2018 hatten wir Zeit die Merkwürdigkeiten um den Herrsteiner FNP erneut anzugehen. Zur Erläuterung der offenen Fragen um den FNP hatten wir dann am 07.08.2018 einen Gesprächstermin beim Landrat erhalten. Der Baudirektor der Kreisverwaltung war dabei, wirkte angespannt und war beim Termin trotz wiederholter Frage nicht in der Lage uns den gültigen FNP Herrsteins zu zeigen. Dazu musste erst ein zweiter Termin am 13.08.2018 vereinbart werden. An dem Tag der zweiten Akteneinsicht stellte der Baudirektor dann klar, dass es in der Kreisverwaltung gar keinen FNP Herrsteins gebe. Dieser sei ausschließlich in Herrstein einzusehen. Gezeigt wurde uns eine Arbeitskopie des angeblich gültigen FNP Herrsteins aus 1998. Diese war qualitativ schlecht. Die Wassergall war nur sehr schlecht erkennbar.
Bild 2: Arbeitskopie des angeblich gültigen FNP von der Kreisverwaltung. Die Wassergall ist nicht mal erkennbar. Der Stand der verwendeten Grundkarte ist etwa 1980.
Nach mehrfacher Anfrage hatten wir dann am 28.08.2018 einen Termin zur Akteneinsicht in der VGV Herrstein erhalten. Die dortige Bauverwaltung konfrontierte uns mit einem schwer zu durchschauenden Berg von Plänen und Aktenordnern. Der Leiter der Bauverwaltung fragte weshalb wir nach Herrstein gekommen seien? Alle Akten seinen in gleicher Qualität auch in der Kreisverwaltung vorhanden. Als wir dies gemäß Aussage des Baudirektors der Kreisverwaltung verneinten beharrte er, dass die Akten auch in Birkenfeld seien.
Gemäß Darstellung des Leiters der Bauverwaltung gab es in Herrstein einen ersten, zwischenzeitig ungültigen FNP aus 1981. Dann gebe es den gültigen FNP aus 1998 mit einer Fortschreibung aus 2004. Insbesondere den angeblich gültigen FNP aus 1998 haben wir uns dann genauer angeschaut. Zunächst fiel auf, dass das Original qualitativ noch schlechter als die Arbeitskopie der Kreisverwaltung war. Das maßgebliche Gebiet der Wassergall auf Hintertiefenbacher und Regulshausener Seite ist hier nicht mal mehr ansatzweise zu erkennen. Das Original ist anders koloriert als die angebliche Arbeitskopie der Kreisverwaltung.
Bild 3: Das Original des angeblich gültigen FNP Herrsteins aus 1998.
Und nun wird es spannend. Flächennutzungspläne beinhalten einen sogenannten Verfahrensvermerk. In diesem werden alle Verfahrensschritte des FNP mit Datum festgehalten, sowie alle Genehmigungsschritte rechtskräftig wird mit originaler Unterschrift und Dienstsiegel bestätigt.
Bild 4: Auszug der Verfahrensvermerke des angeblich gültigen FNP aus 1998.
Die Unterschrift des Baudirektors ist eingeklebt! Es fällt sofort auf, dass die Genehmigung der Kreisverwaltung nachträglich eingefügt wurde. Der obere Teil der Unterschrift des Baudirektors scheint von Hand ergänzt. Das Dienstsiegel der Kreisverwaltung (rechts darunter noch knapp zu sehen) überlappt das aufgeklebte Papier nicht.
Bild 5: Ein Fall für den Graphologen?
Ebenso fällt unter 1.) und 2.) der Verfahrensvermerke auf, dass der vorgelegte Plan eine Fortschreibung des FNP aus 1981 ist. Die Fortschreibung des Plans wurde 1984 beschlossen und 1984 veröffentlicht (Bild 4). Beachtenswert ist nun der 3.) Verfahrensschritt: Die Beteiligung der Nachbargemeinden, also auch der Stadt, soll erst 11 Jahre später am 26. April 1995 erfolgt sein? Noch merkwürdiger wenn man weiß, dass uns ein Schreiben der Stadtverwaltung vom 06.10.1986 vorliegt, in dem sich die Stadt bereits neun Jahre zuvor zur Fortschreibung des FNP aus Herrstein geäußert hat. Wie kann das sein?
Bild 6: Auszug des Stellungnahme der Stadt vom 06.10.1986. Die Anfrage dazu soll gemäß Punkt 3.) des FNP am 26.04 1995 erfolgt sein.
Ebenso fällt auf, dass die eigestempelten Daten der Verfahrensvermerke an mehreren Stellen mit Kugelschreiber ergänzt und korrigiert wurden. Wer und warum macht man so was ?
Bild 7: Oben die aufgeklebte Unterschrift, das Dienstsiegel darunter, das eingestempelte Datum 8. April 1998 ist bei Vergrößerung deutlich von Hand nachbearbeitet. Weshalb?
Zuletzt haben wir den Leiter der Bauverwaltung gefragt, weshalb der uns zuerst ausgehändigte digitale FNP aus 2010 nicht vorgelegt wurde. Er antwortete, dass es kein FNP, sondern lediglich eine Digitalisierung sei. Auf die Frage weshalb uns das Büro des Bürgermeister diesen angeblich ungültigen FNP am 19.02.2016 als gültige Version geschickt habe antwortete er, dass der Bürgermeister ihn vorher besser gefragt hätte welcher FNP gelte.
Jedoch wir wissen: Der Leiter der Bauverwaltung selber hat den digitalen FNP als gültige Variante an das Büro des Bürgermeister ausgegeben. Was wird hier versucht zu vertuschen?
Vor einigen Tagen hat unser Rechtsanwalt die von uns bemerkten Ungereimtheiten den Herren Landrat, Bürgermeister und Ortsbürgermeister zur internen Aufklärung in einem Brief übermittelt. Eine Stellungnahme wurde bis spätestens 21.09.2018 von ihm eingefordert.
Fazit: Der angeblich gültige Flächennutzungsplan der VGV Herrstein wurde dem Verwaltungsgericht als Beweis vorgelegt. In den Gerichtsverfahren gegen die Stadt und die BI war der FNP für das abschlägige Urteil mit maßgebend. Bei der Aktensichtung mussten wir nun jedoch feststellen, dass die Inhalte des Flächennutzungsplans keinesfalls schlüssig sind. Die Akten wirkten manipuliert, betreffende Mitarbeiter sind angespannt. Hier stimmt etwas nicht ... ist ein Flächennutzungsplan mit aufgeklebter Genehmigung überhaupt rechtskräftig? Wir bleiben dran ...