Öffentlicher Weg Kraft „unvordenklicher Verjährung“
Gerichte entschieden über die Weitergeltung
Die Vermutungsregelung der „unvordenklichen Verjährung“ ist im Straßenrecht weiter anwendbar. Dies hatte der Verwaltungsgerichtshof Mannheim (VGH) mit Urteil vom 30. April 2008 entschieden. Wie schon das Bundesverwaltungsgericht bestätigte jetzt auch das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung des VGH. „Unvordenkliche Verjährung“ bedeutet, dass seit unvordenklicher Zeit, also solange man sich erinnern kann, ein bestimmter Zustand besteht und deshalb anzunehmen ist, dass er ordnungsgemäß begründet wurde. Diese Beweisregel gilt auch im Straßenrecht. Anwendung fand diese Regelung deshalb auch im Fall eines Grundstückeigentümers, der die Benutzung eines über sein Grundstück führenden Weges unterbinden wollte. Im entschiedenen Fall hatte der Eigentümer des Grundstücks den Weg für einen privaten gehalten und deshalb kurzerhand abgesperrt. Er stellte einen Blumenkübel auf sowie Schilder, unter anderem mit der Aufschrift „Durchfahrt verboten“. Der Aufforderung der zuständigen Ortspolizeibehörde, die Blumenkübel und Schilder „sofort zu entfernen“, wollte der Eigentümer nicht nachkommen. Die Begründung der Gemeinde, es handele sich um einen öffentlichen Weg „kraft unvordenklicher Verjährung“, überzeugte ihn nicht. Die Gemeinde hatte angeführt, schon in Plänen des 19. Jahrhunderts sei der Weg eingetragen und in der Vergangenheit bis zur Sperrung regelmäßig von der Allgemeinheit genutzt worden. Hinweise auf die Öffentlichkeit gingen zurück bis ins Jahr 1879 bzw. ins 16. Jahrhundert. Von einer Widmung (durch sie wird die rechtliche Eigenschaft eines öffentlichen Weges begründet) sei deshalb auszugehen. Das angerufene Verwaltungsgericht Karlsruhe gab dem Eigentümer zunächst Recht: der für den Fall maßgebliche Zeitraum liege zwischen 1884 und 1964. Heute seien für diesen Zeitraum kaum mehr verlässliche Zeugenaussagen erreichbar. Die Regel könne daher nur noch in Ausnahmefällen eingreifen. Dem widersprach der VGH. Die Voraussetzung einer unvordenklichen Verjährung nachzuweisen sei auf der Grundlage von Urkunden und schriftlichen Zeugenerklärungen möglich. So hatte der damalige Landvermesser bei Vermessungsarbeiten zwischen 1862 und 1873 gemäß § 30 der „Anweisung zur stückweisen Vermessung sämtlicher Liegenschaften des Großherzogtums Baden“ vom 9. August 1862 „zum öffentlichen Gebrauch bestimmte Plätze … andere öffentliche Straßen, Feldwege“ aufzuführen. Davon, dass die Auskunft erteilenden Dorfbewohner und Amtsträger von der Öffentlichkeit des Weges überzeugt gewesen seien, sei auszugehen, so die Richter. Auch mehrere weitere Dokumente sprächen dafür. Der Eigentümer hatte demgegenüber bemängelt, es liege eine Eigentumsverletzung vor. Dazu erklärte der VGH, Artikel 14 GG greife hier nicht ein. Letzteres bestätigte jetzt im Ergebnis auch das Bundesverfassungsgericht. Jedenfalls sei der VGH aufgrund seiner ausführlichen Beweiswürdigung den aus der Eigentumsgarantie folgenden Anforderungen gerecht geworden (Az.: 1 BvR 3478/08).
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